Die heimische Wiesenzitrone

Neugierige Kinderaugen suchen sich durch die üppig grüne Frühlingswiese.Die Wiese, das ist ein kleiner Schulgarten mitten in der Stadt. Die Suche gilt einem saftigen Blättchen mit zwei Zipfeln am unteren Rand. Obwohl wirklich keines der 14 Kinder den Sauerampfer kennt, dauert es nicht lange und alle wedeln mir mit ihrem Fundstück stolz vor der Nase. Ich vergewissere mich, dass auch wirklich jeder das richtige Blatt in der Hand hält und lade zum Kosten ein. Manch einer stopft sich vertrauensvoll gleich das ganze Blatt in den Mund, manche beißen vorsichtig ab und die Skeptiker zweifeln: „Wie schmeckt das denn?“Ich denke : „Unvergesslich!“ und sage: „Probiers aus und erzähl es es mir.“

 

 

Wiedereinmal hält der Sauerampfer was er verspricht. Ich sehe in begeisterte Gesichter.Kau, schmatz. „Mhhh,sauer.“ „Mhhm Lecker!“ „Schmeckt wie grüner Apfel.“ schmatzt es um mich herum.Fragen wie: „Kann man den Stiel auch mitessen?“ oder „Darf man das runterschlucken?“ kann ich mit ja beantworten und schon wühlen sich vierzehn Kinder erneut durch die Wiese auf der Suche nach mehr. Pflücken, zeigen, naschen. Kinder können vom Sauerampfer oft nicht genug bekommen und schließlich muss ich sie beim Grasen unterbrechen, damit noch was für die Anderen bleibt.

 

 

 

Der erfrischend leckere Sauerampfer ist ein wunderbares „Einstiegspflänzchen“ für skeptische, waldferne Kinder und auch für Erwachsene, in denen der vergessene Geschmack eines Sauerampferblättchens oft Erinnerungen an Kindheit und Wiesen auslöst.Wer einen schönen Ausflug ins Grüne plant und sich in ländlicher Idylle schließlich mit seinem nörgelnden, lauffaulen Nachwuchs wiederfindet, der ist unter Umständen gerettet, wenn er auf eine Wiese mit Sauerampfer stößt. Die Vitamin C haltige Pflanze erfrischt Körper und Geist und kann Kinder beflügeln immer neue Nester zu suchen, zu verputzen und nebenbei die vielen anderen Wunder in einer Wiese zu entdecken.Der Sauerampfer ist in unserer Gegend sehr häufig. und gerade jetzt vor der Blüte sind die jungen Blättchen, die beim Knicken leise knacken, am allerleckersten. In der Wildkräuterküche hat die „heimische Wiesenzitrone“ durch und durch Einzug gehalten. In Salaten, Dressings, Dips, Suppen, Aufstrichen, Wraps, er passt überall hinein. Verarbeitet wird er am besten roh oder blanchiert. So behält er sein spritziges Aroma.

 

 

In einigen Büchern findet man Hinweise darauf, dass der Sauerampfer über längere Zeiträume und in hohen Dosen roh verzehrt, Gelenk- und Nierenbeschwerden hervorrufen kann. Nun glaube ich, dass wir in unserer heutigen Lebensart selten Gefahr laufen zu hohe Dosen wildes Grün zu verzehren, aber gesagt sei es trotzdem. In der Pflanzenheilkunde werden dem Sauerampfer abwehrstärkende, schleimlösende, harntreibende Eigenschaften zugesprochen und er gehört zu einer Frühjahrskur unbedingt dazu. Also ab in den Frühling und seine Wildkräfte einverleibt! Wer den Sauerampfer sucht, findet ihn auf nährstoffreichen Wiesen und an dicht bewachsenen Wegrändern. Seine zwei Zipfel am unteren Blattrand unterscheiden ihn von den anderen Ampferverwandeten. Einige von ihnen wurden einst auch als Nahrungspflanzen genutzt. Aber meinen verwöhnten Gaumen konnten sie bisher noch nicht überzeugen.Es schmeckt eben keiner so lecker wie der Sauerampfer.

 

 

Die meist bekannte wirkliche Verwechslungsgefahr liegt zwischen dem Sauerampfer und den jungen Blättern des Aronstabes, die, wenn sie noch ganz klein sind, auch mit zwei Zipfelchen bekleidet sind. Da gibt es eine einfache Faustregel: Sauerampferblättchen machen knack beim knicken, Aronstabblätter sind biegsam. Wer vorsichtig in ein Aronstabblättchen beißt (ich habe es noch nie probiert) dem soll sofort und wie verrückt die Zunge brennen. Auf Runterschlucken hat man garantiert keine Lust mehr. Aber das einfachste und offensichtlichste: Der Aronstab wächst im Wald, der Sauerampfer auf der Wiese.

 

Und auf einer dieser Wiesen, an einem sonnigen Frühlingstag lächeln mich Kinder mit grüngefüllten Zahnlücken an. Bevor unsere Schulgartenstunde vorbei ist muss ich ihnen versprechen, dass wir beim nächsten Mal auf jeden Fall wieder Sauerampfer essen.

 

 

 

 

 

Rezept nach B.Klemme

 

Sauerampfersuppe

 

 

 

150g Sauerampfer, 1lt. Gemüsebrühe, 30g Butter, ½ Zwiebel. Mehl, Sahne, Gewürze

 

 

 

 

Die Zwiebeln in Butter anrösten, etwas Mehl darüber streuen und gut durchschwitzen lassen.Die kleingeschnittenen Sauerampferblättchen dazugeben und 1 min. mitdünsten.

 

Mit der Brühe ablöschen. 1nen Schuss Sahne dazugeben. Alles erhitzen und kurz vor Schluss nach belieben würzen. (z.B. mit Muskatnuss, Pfeffer, etwas Honig). Vom Herd nehmen und bei geschlossenem Deckel 10 min. ziehen. Der Sauerampfer soll nicht gekocht werden.