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Gomera 3, Vom Sterben und Leben

26.1. Gomera 3 “Vom Sterben und Leben“

Eine Freundin ist heute auf der Durchreise. Wir treffen uns an einer kleinen Plaza direkt am Meer und sie erzählt mir eine unglaubliche Geschichte, die sie vor wenigen Wochen genau hier erlebt hat:

Hanna ißt gerade ein Brot, als ihr Blick auf einen alten Herren fällt. Die eine Hand umfasst seinen Gehstock, die andere eine Leine mit einem kleinen Hund. Er ist ein Gomero, einer von hier, der gerade nach Hause schlurft und nun vor seiner Tür steht und vergeblich versucht mit seinem Schlüssel das Schloss zu öffnen. Währenddessen kommt ein Auto angerollt. Ein Großes, Breites. Es fährt dicht hinter dem Mann vorbei und überfährt ohne jede Anstrengung das kleine Hündchen, das geduldig, hinter seinem Herrchen wartete. Holper — Holper. Der Hund ist sofort mausetot und das Auto rollt geschmeidig weiter. Hanna fällt in eine Schockstarre. Sie kann nicht denken, nichts tun, kann nicht glauben, was sie da gerade gesehen hat.

Der Großvater hingegen, bekommt von der Tragödie, die sich direkt hinter seinem Rücken abgespielt hat, überhaupt nichts mit. Er hält noch immer die Leine in der Hand, an dessen Ende der nun tote Hund liegt und fummelt weiterhin erfolglos an seinem Türschloss herum. Eine Minute, zwei. Hanna will ihm zurufen, zu ihm hinlaufen - etwas hält sie zurück. Sie läuft auf und ab. Auf den alten Mann zu, von ihm wieder weg. Was sagt man in so einem Moment auf bröckeligem Spanisch? “ Entschuldigen sie Señor, ihr Hund….” Und dann? Kein Autokennzeichen, keine Automarke, kein lebendiger Hund mehr. Ich weiß nicht, was ich in dieser Situation getan hätte. Hanna jedenfalls, bleibt hilflose, stumme Zeugin. Eine halbe Ewigkeit vergeht, bis der Mann endlich seine Türe öffnet, den Hund hineinziehen will und mit stummem Entsetzen auf das starrt, was von ihm übrig geblieben ist. Diese Geschichte erzählt mir Hanna beim Rauschen des Meeres. Sie brauchte Tage, um das Erlebte zu verdauen. Jetzt, gut zwei Wochen später, kommt sie noch einmal für einen kurzen Besuch ins Tal hinunter. Auf dem Weg zur Plaza sieht sie den alten Mann wieder. Er sitzt vor einer Bar. In der einen Hand hält er seinen Gehstock, in der Anderen eine Leine mit einem neuen, seinem Vorgänger fast identischen kleinen Hund

 

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