· 

Gomera 1, Seekrank

23.1.2025 Seekrank

Ein drittes Mal machen wir uns nun auf den Weg nach Gomera. Diesmal in kleiner Besatzung: David, Milan und ich. Vater, Mutter, Kind. Die großen Mädchen sind nicht entbehrlich und müssen zu Hause bleiben. Darüber sind sie nicht froh und zu allem Überfluss wird Mia an unserem Abreisetag krank. Das tut weh, aber sie schaffen das. Drei Wochen werden sie das Heim hüten, die Vorräte sind aufgefüllt, wir sind voller Vertrauen.

Am Flughafen geraten wir drei in eine äußerst gemütliche Sicherheitskontrolle. Das Personal ist freundlich, entspannt und gut gelaunt. Das ändert sich auch nicht, als Davids Rucksack plötzlich unter Verdacht gerät und sich ein Auflauf vor einem der Monitore bildet. Neue Systeme erlauben den Reisenden Flüssigkeiten und elektronische Geräte im Koffer zu belassen. Das führt auf den Monitoren anscheinend manchmal zu unerkennbarem Kuddelmuddel und anstatt den vermeintlich gefährlichen Rucksack zu öffnen, wird nun in ganz großer Besatzung gerätselt. In unserem Fall handelt es sich um eine wiederaufladbare Lampe, die vielleicht auch ein Sprengsatz sein könnte. David wird unter dessen von einem Polizisten interviewt. Woher-Wohin-Flugnummer- und was genau sich in seinem Rucksack befindet. Halbherzig macht er sich in einem kleinen, verknitterten Heftchen Notizen. Obwohl David sich ganz sicher ist, dass es sich in seinem Rucksack um eine Lampe und nicht um Sprengstoff handelt, dauert es noch eine ganze Weile und werden noch viele Köpfe nachdenklich hin und her gewogen, bis man sich entscheidet uns zu glauben und uns ganz freundlich ziehen lässt. Vor Verblüffung laufe ich in die falsche Richtung davon und stoße dabei fast mit einer Polizistin in voller Tracht zusammen, die aussieht, wie eine verkleidete Freundin unserer Töchter.

 

Einen Besuch im Valle Gran Rey muss man sich verdienen. Nach fast sechs Stunden Flug (wir sind immerhin auf der Höhe der Sahara) huschen wir in Teneriffa zum Hafen und besteigen die Fähre. Davon hatte ich vorher bereits mehrmals geträumt: “ Ich besteige das Boot, es wankt und schwankt hin und her, hoch und runter, mir wird sofort übel, alles dreht sich. Ich habe meine Reisetabletten vergessen, lege mich auf den Boden und verkünde: ich bin am Arsch! “ Es versteht sich von selbst, dass ich nach diesen Träumen meine Pillen sowas von griffbereit habe. Wir gehen an Bord, der Atlantik schlägt Wellen , das Boot wankt und schwankt hin und her, hoch und runter. Ich steuere direkt das kleine Außendeck an, finde einen Sitzplatz und konzentriere mich auf die Wolken. Immer einen Punkt in der Ferne anvisieren, bloß nichts, was sich bewegt. Himmel Herrgott, wie mir anders wird. Einige Passagiere essen, rauchen, knutschen und quatschen als wär nichts. Wie machen die das bloß? Ich kralle mich an meinen Sitzplatz, jede Welle ist ein Ganzkörpererlebniss - und ringe ums Überleben. Wie lang kann eine Stunde sein. Dank der Pille bricht erst kurz vor Schluss der Damm und in guter Gesellschaft meiner Banknachbarin kotzen wir fröhlich in unsere Tüten. Nie wieder, denke ich, nie wieder reise ich nach Gomera.

Und es ist noch nicht vorbei. Schwindelig und mit flauem Magen gehen wir an Land. Es ist bereits dunkel, der nächste Bus kommt erst in zwei Stunden. Also heuern wir ein Taxi an, das uns nun ins ersehnte Tal bringen soll. Das Gute ist: auf Gomera gibt es weder Autobahnen noch Schnellstraßen. Das Schlechte ist: Auf Gomera geht es nirgendwo gerade aus. Uns erwartet eine einstündige Serpentinenfahrt über die Insel. Der letzte Taxifahrer ließ ich mehrmals aussteigen und gemütlich in den Graben spucken, während uns die anderen Taxis überholten. Dieses Mal schmeiße ich mir noch eine Reisepille. Unsere deutsche Mitreisende ist so richtig in Schwung und redet auf uns ein. Ich kann nur kleine Töne von mir geben und außerdem ist es uns unangenehm, unserem gomerischen Taxifahrer eine Deutschschwall zu verpassen, ohne dass er ein Wort versteht. Ich schwummere so vor mich hin und irgendwann sind wir einfach da. Es ist warm, wir hören und riechen das Meer. Wir stolpern benommen zu unser Unterkunft. Einem kleinen Wohnmobil, oder großen Bus, der jetzt für drei Wochen unser Heim sein wird.

 

 

 

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0